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en2x auf Luftfahrtkongress Airtec 2022 in München: „Raffinerien prädestiniert für grüne Flugkraftstoffe“

01.11.2022 | Raffinerien können als Lieferanten grüner Energie einen entscheidenden Beitrag zur Dekarbonisierung des Luftverkehrs leisten. Dafür aber muss die EU als federführende politische Kraft in Europa noch mehr tun. Das waren aus Sicht der Teilnehmer der vom en2x organisierten Vorträge zwei Haupterkenntnisse der Messe „Airtec 2022“ vom 26. bis 28. Oktober in München. Der en2x – Wirtschaftsverband Fuels und Energie war dort mit eigenem Messestand vertreten.

So sagte Dr. Monika Herrmann, Leiterin der Projektgruppe reFuels im Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg auf der en2x-Diskussionsveranstaltung zur Zukunft der Luftfahrt: „Wir brauchen umgehend einen EU-Regulierungsrahmen, der verlässliche Geschäftsmodelle für den Bau von Anlagen zur Produktion nachhaltiger Flugkraftstoffe ermöglicht.“ Andernfalls würden Anlagen vorrangig in den USA entstehen, „und wir schaffen den ehrgeizigen europäischen und nationalen Klimaschutz-Zeitplan für den Luftverkehr bis 2030 nicht“.

Branche und Politik fordern Entscheidungen der EU

Für das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) sagte Matthias Spöttle, Referent für Wasserstoff und Brennstoffzellen in der Mobilität sowie erneuerbare Kraftstoffe, auch seinem Haus gehe der Regulierungsprozess nicht schnell genug voran. Durch Verzögerungen bei der Erneuerbare-Energien-Richtlinie drohe Brüssel wertvolle Zeit zu verlieren. Ähnliche Kritik an der EU kam im Panel von Dr. Christoph Arndt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Stuttgart: „Aktuell ist die Definition von grünem Wasserstoff durch die EU noch nicht finalisiert. Dabei geht es etwa darum, welche Kriterien für den Bezug von grünem Strom für Elektrolyseure gelten“, so der Projektleiter PtL-Kraftstoffe am Institut für Verbrennungstechnologie des DLR.

Wolf-Dietrich Kindt, Leiter Klima- und Umweltschutz beim Bundesverband der Luftverkehrswirtschaft, warnte vor Alleingängen der EU beim Klimaschutz in der Luft: „Dann kostet ein einfacher Flug von Stockholm über München nach Bangkok im Jahr 2030 schätzungsweise 50 Euro mehr als über das nicht von den Maßnahmen betroffene Istanbul.“ Im Jahr 2050 wären es sogar 175 Euro. „Das heißt: Wir brauchen international verbindliche Regelungen auf UN-Ebene oder einen Ausgleich dieser Mehrkosten. Sonst sind die Airlines und Airports in der EU die Verlierer.“

Auch Bund und Länder müssen Unterstützung forcieren

Dr. Stefan Hölbfer, Geschäftsführer der OMV Deutschland GmbH, sieht auch die deutschen Bundesländer in der Pflicht: „Der OMV-Standort in Bayern kann ein wichtiger Player beim Hochlauf nachhaltiger Flugkraftstoffe werden, wenn die Rahmenbedingungen stimmen“. Notwendig seien etwa der Ausbau erneuerbarer Energien und Stromleitungen, die die Produktion von synthetischem Kerosin ermöglichten. „Und wir brauchen Investitionsanreize gerade für die Ersten am Markt, die auch das größte Risiko tragen“, so Hölbfer, der zudem Werkleiter der Raffinerie OMV Burghausen ist.

Für Baden-Württemberg ergänzte Dr. Monika Herrmann, das Land unterstütze die MiRO-Raffinerie Karlsruhe bereits bei ihrer Transformation zu einem grünen Energieerzeuger. „Das schließt klimafreundliche Treibstoffe ein. Dieses Vorhaben ist die wichtigste Maßnahme in unserer Landes-Roadmap reFuels BW.“

Fehlende bundespolitische Entscheidungen sieht Benedikt Wirmer, Teamleiter Energie- und Klimapolitik bei en2x noch als Problem: „Raffinerien sind prädestiniert für die Herstellung klimafreundlicher Flugkraftstoffe. Eine große Chance ist die Mitverarbeitung von nachhaltigen Bio-Rohstoffen mit herkömmlichem Rohöl, das so genannte Co-Processing. Dies wird aber bislang nur im Ausland anerkannt, etwa den Niederlanden. Hier muss der deutsche Gesetzgeber endlich nachbessern, damit wir schneller vorkommen.“

Prof. Christian Küchen, en2x-Hauptgeschäftsführer und Panelteilnehmer in München, fasste die Vorträge und Diskussionsrunde zusammen: „Wir wollen Klimaschutz im Luftverkehr – je früher, desto besser. Unsere Mitgliedsunternehmen haben den Anfang gemacht und steigen schrittweise in die Produktion von klimafreundlichem Kerosin ein. Aber die Mengen sind derzeit noch sehr niedrig. Einmal mehr zeigt sich, dass allein das Formulieren von Zielen auf europäischer Ebene nicht ausreicht. Die EU muss definieren, welche Treibstoffe als klimafreundlich definiert sind und welche nicht. Es geht um Milliardeninvestitionen. Diese wird es ohne eine Klarheit weit über 2030 hinaus nicht geben.“

Bayerischer Staatsminister im Gespräch mit Branchenvertretern

Bei seinem Besuch am Messestand von en2x sprach der bayerische Staatsminister Dr. Florian Herrmann (re.) mit Dr. Hölbfer (li.) und weiteren Vertretern unserer Branche darüber, wie der Weg in die klimafreundliche Luftfahrt weiter beschleunigt werden kann, etwa über vertiefte Kooperationen zwischen Bund, Ländern, Flughäfen, Airlines und Raffinerien.

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