Produkte des Nicht-Energetischen Verbrauchs

Ungefähr ein Fünftel der heute aus Mineralöl hergestellten Produkte werden nicht als Kraftstoff für Motoren oder Brennstoff für Heizungen verwendet, sondern vor allem in der chemischen Industrie als Einsatzstoff sowie in weiteren Grundstoffindustrien als Wertschöpfungsprodukte verwendet. Insgesamt machen diese nicht-energetischen Produkte aktuell gut 20 Prozent der gesamten Raffinerieproduktion in Deutschland aus – und anders als bei Kraft- und Brennstoffen ist davon auszugehen, dass deren Absatz konstant bleiben oder sogar steigen wird.
Die Produkteigenschaften und die Anwendungen dieser Produkte sind vielfältig. Der mengenmäßig größte Anteil entfällt auf chemische Vorprodukte wie Naphtha oder Flüssiggas, die u. a. für die Erzeugung von Kunst-, Schaum- und Dämmstoffen benötigt werden. Aber auch weitere Produkte wie Methanol, Schmierstoffe, Bitumen, Weißöle, Paraffine oder Prozessöle werden in der Raffinerie hergestellt.
Diese Kohlenwasserstoffe werden in verschiedensten Abnehmerindustrien verwendet oder weiterveredelt, wie etwa Automotive, Kosmetik und Pharmazie, Bauindustrie sowie der Lebensmittelindustrie. Somit sind die in der Raffinerie gewonnen Produkte zur stofflichen Nutzung von zentraler Bedeutung für den Erhalt industrieller Wertschöpfungsketten in Deutschland.

AUCH DIESE PRODUKTE MÜSSEN ZUKÜFTIG TREIBHAUSGASNEUTRAL BEREITGESTELLT WERDEN

Teilweise sind für stofflich verwertete Produkte (insb. chem. Vorprodukte und Wachse) schon heute nachhaltige Herstellungsverfahren bekannt und werden in Demonstrationsanlagen auf ihren Markthochlauf hin getestet und vorbereitet. Entscheidend für die treibhausgasneutrale Bereitstellung ist eine Umstellung der Rohstoffbasis auf zunehmend erneuerbare Energieträger und Einsatzstoffe wie CO2-neutralen Wasserstoff. Aber auch für den Kohlenstoff der Kohlenwasserstoffe müssen Alternativen gefunden werden. Nachhaltige Biomasse (Stroh, biogene Sekundärrohstoffe wie Pflanzenreste, Restholz), synthetische Kohlenwasserstoffe aus CO2, sowie Kunststoffabfälle kommen aktuell dafür in Frage. Für andere Produkte, u.a. Bitumen, sind noch keine adäquaten Alternativen bekannt. Hier ist weiterer Forschungsbedarf nötig.

DIE HERSTELLUNG KLIMASCHONENDER PRODUKTE MUSS WIRSTSCHAFTLICH ATTRAKTIV WERDEN

Die vielfältigen Verfahren wie thermochemische Umwandlung von Biomasse, das chemische Recycling von Kunststoffabfällen oder Power-to-X Verfahren zur Herstellung von synthetischen Einsatzstoffen kommen in einer Raffinerie zusammen. Dort können die alternativen Rohstoffe zu den gewünschten Produkten verarbeitet werden. Zu Beginn noch zusammen mit fossilem Mineralöl (sog. Co-Processing) und dann je nach Verfügbarkeit mit wachsendem THG-armen Anteil. Co-Processing ist dabei entscheidend. Durch die Verwendung schon bestehender Anlagen kann eine Umstellung schnell und kostengünstig erfolgen, da nötige Investitionen und auch Genehmigungsverfahren reduziert werden.
Gleichzeitig stellt eine Raffinerie die gewohnte Vielfalt an Produkten für die verschiedensten Verwendungszwecke bereit. Durch den Umstand der Kuppelproduktion können aber nicht nur ausschließlich einzelne Produkte hergestellt werden. Das macht eine flexible Allokation (z.B. durch einen bilanziellen Ansatz) der klimaschonenden Eigenschaft unverzichtbar, um gerade zu Beginn diese den wirtschaftlichsten Produkten zuzuordnen.

Unsere Forderungen

Co-Processing ermöglichen

Co-Processing ist eine Schlüsseltechnologie für die Herstellung THG-armer nicht-energetischer Produkte in der Raffinerie. Das Verfahren muss – wie in anderen EU-Staaten bereits praktiziert – auch in Deutschland weniger restriktiv ermöglicht werden.


Bilanzielle Anrechnung und flexible Allkation von klimaschonenden Eigenschaften

Eine wirtschaftliche Bereitstellung von Produkten muss durch bilanzielle Anrechnung und flexible Allokation der klimaschonenden Eigenschaften ermöglicht werden.


Alternative Rohstoffe verfügbar machen

Alternative Rohstoffe (Biomasse, synthetische Moleküle aus CO2 und Wasserstoff oder rezyklierte Kunststoffe) müssen Mineralöl als Quelle für Kohlenwasserstoffe ersetzen. Hier hätte die Politik zum Beispiel durch eine entsprechende Ausgestaltung der Biomassestrategie und der Wasserstoffstrategie sowie durch die Unterstützung von Kreislaufwirtschaft und Carbon Capture and Utilization (CCU) gute Handlungsmöglichkeiten.


Anreizsystem zur Nutzung alternativer Rohstoffe

Alternative Rohstoffe müssen zum Ersatz von Mineralöl als Quelle für Kohlenwasserstoffe nicht nur verfügbar, sondern auch wirtschaftlich attraktiv werden. Trotz vieler Kritikpunkte sorgt die THG-Quote im Verkehr für den Einsatz von THG-armen Alternativen. Für die stofflichen Produkte fehlt jedes Anreizsystem. Dadurch lohnt es sich heute nicht das Mineralöl mit (teureren) Alternativen zu ersetzen. Ein Hochlauf findet nicht statt.


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