Warum wir eine Molekülwende  brauchen

Die Mineralölwirtschaft in Deutschland steht für ein Drittel der inländischen Energieversorgung. Das betrifft vor allem Verkehr, Wärme und die chemische Industrie. Zu erwarten ist, dass wir weiterhin große Mengen an Molekülen benötigen – und zwar überall dort, wo eine Elektrifizierung nicht möglich oder nicht wirtschaftlich ist, etwa in der Luftfahrt und Teilen des Schwerlastverkehrs. Auch der Bedarf der Chemieindustrie bleibt bestehen.

Bis spätestens 2045 müssen diese Produkte in Deutschland CO₂-neutral bereitgestellt werden. Und das bedeutet: Es braucht zusätzlich zur Stromwende jetzt auch eine Molekülwende: CO₂-neutraler Wasserstoff, nachhaltige biogene und synthetische Energieträger sowie CO₂-neutrale chemische Rohstoffe müssen in den Fokus der Energiewende rücken. Die Notwendigkeit wird allerdings noch immer unterschätzt.

Wie kann die Molekülwende gelingen?

Grundlage ist eine umfassende Strategie, die Wasserstoff und Power to X-Technologien – also die Nutzung von erneuerbarem Strom zur Herstellung grüner flüssiger und gasförmiger Produkte – zusammen mit Kohlenstoffquellen wie Biomasse, Abfall- und Reststoffe, Recycling und CO₂ aus einzelnen Quellen oder der Atmosphäre integriert betrachtet.

Marktreife Technologien für die Transformation der Mineralölwirtschaft gibt es bereits. Dazu gehört auch der Aufbau von Importstrukturen für CO2-neutrale Moleküle. Denn Deutschland wird trotz Ausbau der heimischen Stromerzeugung weiterhin einen Großteil seines Energiebedarfs importieren müssen, dann allerdings aus sonnen- und windreichen Regionen mit vorteilhaften Produktionsbedingungen. Der Transport erfolgt über Pipeline und Schiff – in Form einfach speicherbarer Vorprodukte auf Wasserstoff-Basis wie Methanol oder Ammoniak.

Fortschrittsbericht

In Zusammenarbeit mit den Mitgliedsunternehmen ist der en2x Fortschrittsbericht entstanden. Wir beantworten warum grüne Moleküle gebraucht, wie und wo sie gewonnen und verarbeitet werden und was für das Gelingen der Molekülwende notwendig ist. Ebenso stellen wir die Mineralölzahlen 2023 vor. Der en2x-Fortschrittsbericht 2023 soll als Diskussionsgrundlage für den konstruktiven Dialog mit der Politik und anderen Akteuren der Energiewende dienen.

Schauen  Sie rein.

Damit Investitionen in die Molekülwende rasch möglich werden!

CO2-neutrale Moleküle stehen nicht in Konkurrenz zu einer sinnvollen Elektrifizierung, sondern werden ergänzend die heute noch fossilen Quellen ersetzen. Viele Projekte sind allerdings unter heutigen Marktbedingungen nicht wirtschaftlich. Die Unternehmen brauchen kalkulierbare Perspektiven.

Nötig ist ein Konsens in Politik und Wirtschaft über die Notwendigkeit der Molekülwende. Wichtig sind eine breite Akzeptanz und weitgehende Technologieoffenheit für CO₂-neutrale Moleküle, eine verlässliche und ausreichend hohe CO₂-Bepreisung für langfristige Kalkulationssicherheit, Abbau von Bürokratie und staatlichen Auflagen sowie Aufbau neuer globaler Märkte.

Insbesondere für die notwendigen privaten Milliardeninvestitionen in den Aufbau industrieller Produktionskapazitäten und die Anpassung und Ergänzung der Infrastruktur bedarf es gezielter staatlicher Unterstützung sowie geeigneter Finanzierungs– und De-RiskingInstrumente. Verpflichtende Quoten reichen als alleiniges Instrument nicht aus. Ansonsten werden gerade Projekte der ersten Generation (FOIK – „first of its kind“) in der Regel nicht von den Banken finanziert, da diese über die lange Anlagenlaufzeit mit höheren Kosten aber auch technischen Risiken verbunden sind.

Der Verband en2x und seine Mitgliedsunternehmen möchten dazu in einen konstruktiven Dialog mit der Politik und anderen Akteuren der Energiewende treten, damit Molekülwende zum Markterfolg wird.

Der en2x-Fortschrittsbericht 2023 soll dabei als Diskussionsgrundlage dienen.

Unsere Forderungen

Verlässliche und ausreichend hohe Bepreisung fossiler CO2-Emissionen

Ohne eine ausreichend hohe CO₂-Bepreisung werden erneuerbare Moleküle nicht wettbewerbs­fähig. Eine an den CO₂-Emissionen orientierte Energiesteuer könnte als notwendige Ergänzung der bestehenden CO₂-Bepreisung im BEHG ein starkes
und verlässliches Preissignal zugunsten erneuerbarer Kraft­ und Brennstoffe erzeugen.


Gezielte Unterstützung von und geeignete Finanzierungsinstrumente für Erstinvestitionen in industrielle Anlagen

Erste Projekte für die Produktion von CO₂-neutralen Molekülen im industriellen Maßstab benötigen Unterstützung, um die höheren Risiken am Beginn der Lernkurve auszugleichen. Darüber hinaus müssen Finanzierungsinstrumente entwickelt werden, die die nötigen langfristigen Investitionen für die Molekülwende absichern.


Schaffung einer breiten Nachfragebasis für erneuerbare Produkte

Die Anwendungsbereiche für CO₂-neutrale Moleküle von vornherein zu begrenzen, führt zu künstlichen Nachfragerestriktionen und ist kontraproduktiv für einen zügigen Markthochlauf. Nötig ist eine Regulierung, die Investitionen auslöst, statt diese zu erschweren.


Anschluss der Raffinerien an die Netze für Hochspannungsstrom, Wasserstoff und CO2

Die Politik muss zeitnah klare Entscheidungen zugunsten eines Infrastrukturausbaus für die Produktion, die Verteilung und die Speicherung von Wasserstoff sowie von CO₂ im Inland und für den Import dieser Rohstoffe treffen. Für ihre Transformation müssen die Raffineriestandorte als langfristig wichtige Energie­ und Rohstoffhubs an die neuen Netze angeschlossen werden.


Entwicklung internationaler Märkte und Energiepartnerschaften mit entsprechenden Importinfrastrukturen

Deutschland muss faire Energiepartnerschaften mit diversen Ländern aufbauen, die Wasserstoff und insbesondere Derivate wie Methanol oder synthetisches Rohöl günstig herstellen können und wollen. Mit ihrer Expertise in Gewinnung, Transport und Verarbeitung von flüssigen und gasförmigen Energieträgern kann die Mineralölwirtschaft hierbei wirksam unterstützen.


Flankierung durch eine umfassende Kohlenstoffstrategie

Auch in einem treibhausgasneutralen Deutschland werden Kohlenwasserstoffe für eine Vielzahl von Produktionsprozessen benötigt. Neben Wasserstoff muss auch Kohlenstoff zunehmend aus nachhaltigen Quellen gewonnen werden. Deshalb braucht Deutschland eine Kohlenstoffstrategie, die den Bezug, den Transport, die Verarbeitung und die Speicherung von CO₂ umfasst und zugleich die wichtige Rolle von Biofuels und Kunststoffrecycling anerkennt.


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