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Green Fuels Import Conference diskutiert Zukunft der Molekülwende

Berlin, 03.12.2024 | Nachbericht zur Green Fuels Import Conference  

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unterstützt die deutsche Wirtschaft einschließlich der bisherigen Mineralölwirtschaft bei der Transformation in die Molekülwende. Das war eine der wichtigsten Erkenntnisse der zweiten Green Fuels Import Conference am 27. November in Berlin. Wie im Vorjahr wurde die Veranstaltung vom Weltenergierat Deutschland und en2x ausgerichtet. 

„Die Zukunft ist nicht nur elektrisch, sondern auch molekular“, stellte Dr. Uwe Franke, Präsident des Co-Veranstalters Weltenergierat Deutschland in seiner Eröffnungsrede vor rund 260 Teilnehmenden im alten Berliner Telegraphenamt fest. Dem stimmte auch Dr. Philipp Steinberg, Abteilungsleiter Energiesicherheit, Gas und Wasserstoff im BMWK, zu. Er machte in seiner Keynote deutlich, dass die Energiewende auf den drei Säulen Effizienz, grüner Strom und grüne Moleküle basieren müsse. Die Notwendigkeit der Molekülwende werde in seinem Hause ebenso erkannt, wie die Herausforderungen für die heutige Mineralölwirtschaft, sich entsprechend zu wandeln. Er berichtete vom Aufbau des Wasserstoffnetzes, der Hafenstrategie und den zahlreichen Energiepartnerschaften, die Deutschland weltweit bereits eingegangen sei, um entsprechende Importe künftig zu ermöglichen. Die Molekülwende sei ein wichtiges Vorhaben, das von der künftigen Bundesregierung weitergeführt werden sollte. Im BMWK liege bereits ein Arbeitspapier vor, welches dazu als Grundlage dienen könnte.

Auch Kohlenwasserstoffe werden benötigt

Daran knüpfte en2x-Hauptgeschäftsführer Prof. Christian Küchen an: Grüner Strom wird eine wachsende Bedeutung im Energiemix bekommen, dennoch wird auch zukünftig ein großer Bedarf an Molekülen bestehen. Nicht nur an Wasserstoff, sondern insbesondere auch an Kohlewasserstoffen. „In vielen Sektoren gibt es keine Alternative zu Kohlenwasserstoffen, so etwa als Energieträger für die Schiff- und Luftfahrt oder als Rohstoff in der Chemie.“ Diese Moleküle müssten jetzt nach und nach CO2-neutral werden. Die bisherige Mineralölwirtschaft habe den Transformationsprozess eingeleitet, stoße jedoch noch auf Schranken, da insbesondere für neue Technologien zur Nutzung von Biomasse oder für Power-to-X die Voraussetzungen für die notwendigen Milliardeninvestitionen in die Produktion CO2-neutraler Moleküle noch nicht gegeben seien. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette müssten Regulierungen entsprechend verbessert werden.

Für neue Technologien reichen Quoten allein nicht aus

„Gerade für die neuen Technologien reichen Quoten als alleiniges Instrument nicht aus. Dazu kommen muss eine ambitionierte CO2-Bepreisung, die zusätzlich zum Emissionshandel eine Reform der Energiebesteuerung beinhaltet, die die Klimawirkung und Nachhaltigkeit von Kraftstoffen im Straßenverkehr berücksichtigt.“ Küchen sprach sich auch dafür aus, die EU-Kriterien für die Einfuhr grüner Moleküle so zu gestalten, dass es für potenzielle Exportländer attraktiv sei, nach Europa zu liefern. Analog zur Wasserstoffstrategie sei zudem eine Kohlenstoffstrategie nötig, die alle Quellen, also Biomasse, chemisches Recycling und CO2-Abscheidung, berücksichtigt und für eine entsprechende Infrastruktur einschließlich CCU/CCS sorgt, um eine CO2-neutrale Nutzung von Kohlenwasserstoffen zu ermöglichen. Einschränkungen und Technologieverbote sollten dagegen unterbleiben. „Sie machen die Zielerreichung teurer und schwieriger.“

Biokraftstoffe spielen große Rolle

Dr. Lutz Schäfer, Referent – Energie, Stadtentwicklung, Mobilität, Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, machte anschließend in seinem Impulsvortrag „Import grüner Moleküle – wie fair ist die Welt?“ deutlich, wie Entwicklungsarbeit und Wasserstoffmärkte zusammenpassen und welche Kriterien bei der Zusammenarbeit mit potenziellen Lieferländern von Bedeutung sind. Dazu gehörten zum Beispiel der Zugang zu Strom für die dortige Bevölkerung sowie die Verfügbarkeit von Flächen und Wasser. Annabel York, Biofuels Value Chain Senior Manager Europe, BP Europa SE, ging in ihrem Impulsvortrag auf die „Die Bedeutung von Biokraftstoffen für Energieimporte“ ein. Deutschland werde auch für fortschrittliche Biokraftstoffe RFNBOs ein Energieimporteuer bleiben, um die steigende Nachfrage nach alternativen Fuels im Straßen- und Luftverkehr zu decken. In diesem Zusammenhang sei es wichtig, dass die Importregeln, d.h. Nachhaltigkeitsmerkmale und Klassifizierung, klar definiert sind und somit die Anrechnung gewährleistet ist. Erforderlich seien robuste Zertifizierungssysteme, eine rasche und ordnungsgemäße Umsetzung der UDB und eine schnelle, ehrgeizige und harmonisierte nationale Umsetzung der RED III in Deutschland, sowie das SAF-Mandat von ReFuelEU Aviation, wie es in Deutschland ab dem 1. Januar 2025 auch umgesetzt wird.

Podiumsdiskussion zu politischen Rahmenbedingungen

In der nachfolgenden Podiumsdiskussion griffen Dr. Stefan Kaufmann, MdB (CDU/CSU), Dirk Niemeier, Director Strategy & Germany, Lead Clean Hydrogen and Alternative Fuels, PricewaterhouseCoopers GmbH (PWC), sowie Dr. Philipp Steinberg und Prof. Christian Küchen unter Moderation von Dr. Inga Michler, Wirtschaftsreporterin bei „Welt“, die wichtigsten aktuellen Herausforderungen für die Molekülwende. Es wurde deutlich: Die Bedeutung CO2-neutraler Moleküle und ihres zukünftigen Imports nach Deutschland findet immer mehr Anerkennung. Die Rahmenbedingungen müssen jedoch noch pragmatischer und marktorientierter werden. „Unser Fokus muss stärker auf Technologieoffenheit gelegt werden, aber nicht nur auf grünen Wasserstoff, wir diskutieren auch über Biokraftstoffe und das CO2-Speichergesetz. Dafür brauchen wir Anreize und Finanzierungsinstrumente.“, so Kaufmann.
Auf die Folgen des Machtwechsels in den USA angesprochen, meinte Dirk Niemeier, dass dessen Konsequenzen zwar schwer zu prognostizieren seien, jedoch kaum alles zurückgedreht werden wird, zumal es in den USA mittlerweile zahlreiche profitable erneuerbare Geschäftsmodelle gebe. Umso wichtiger sei es, dass Europa Märkte für grüne Technologien suche und schaffe. Niemeier sprach sich dabei, wie auch Küchen, für weniger Klein-Klein und weniger Micromanagement aus. Entscheidend sei stattdessen der Blick aufs große Ganze. „Regulierung darf uns keine Nachteile für den globalen Wettbewerb einbringen. Sonst sind wir als Energiepartner nicht attraktiv und andere werden das Rennen machen.“ so Christian Küchen. Doch auch globale Standards und Kontrollen seien wichtig. Abermals sprach sich Küchen dafür aus, die Investitionsbedingungen für Produktionsanlagen zur Herstellung CO2-neutraler Moleküle zu verbessern. Diskutiert wurde auch die Bedeutung von blauem Wasserstoff, der in einer Übergangsphase gebraucht wird, solang noch nicht ausreichend grüner Wasserstoff zur Verfügung steht. Positiv hervorgehoben wurde der vertrauensvolle Dialog zwischen Politik und Wirtschaft, um die Transformation zu erneuerbaren Molekülen voranzubringen.

Infrastruktur für Wasserstoff und Co

Im zweiten Teil der Veranstaltung lag der Schwerpunkt zunächst auf dem Ausbau der Infrastruktur, gerade auch im Bereich der Seehäfen. Stuart Neil, Direktor Strategie und Kommunikation, International Chamber of Shipping (ICS), stellte in seinem Vortrag vor, inwieweit die Seeschifffahrt bereits für den Transport und die Nutzung CO2-neutraler Moleküle ist. Der geographischen Nähe zu erneuerbarem Wasserstoff und seiner Infrastruktur werde dabei künftig eine Schlüsselrolle zukommen.
Lutz Könner, Geschäftsführer, Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe, meinte in seinem Impulsvortrag: „Viele Reedereien wollen auf alternative Antriebsenergien umsteigen, dafür fehlt aber noch die technischen Möglichkeiten und eine nahtlose Versorgung mit alternativen Kraftstoffen entlang der Schifffahrtsrouten. Ähnliches gilt für die Häfen als Zentrum von globalen Importen. Der Bund muss die deutschen Seehäfen bei der Einrichtung einer Importinfrastruktur für grüne Energien stärker als bisher unterstützen, sonst können diese ihre Rolle als wichtiger Bestandteil der Molekülwende nicht erfüllen.“
Auch Dieter Janecek (Grüne), Koordinator der Bundesregierung für maritime Wirtschaft, machte in seinem Beitrag auf eine diesbezügliche Verantwortlichkeit des Staates aufmerksam: „Häfen haben eine wichtige Aufgabe im Kampf gegen den Klimawandel. Zwar sind Unternehmen in erster Linie selbst dafür verantwortlich, am Markt die Einnahmen für notwendige Investitionen zu erzielen. Aber wir brauchen auch mehr staatliche Investitionen in die Transformation und dafür wiederum ein stärkeres Einvernehmen zwischen Bund und Ländern in den kommenden Jahren.“

Blicke nach Kolumbien und Brasilien

Die konkrete Entwicklung in einzelnen potenziellen Lieferländern stand anschließend im Blickpunkt. Prof. Christopher Hebling, Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme, erläuterte anhand aktueller Studienergebnisse den Stand der Dinge in Kolumbien, nutze seinen Vortrag aber auch, um noch einmal eindringlich auf die Gründe für eine Energiewende aufmerksam zu machen und zu zeigen, in welchem Kontext der Energiebedarf zur Herstellung grüner Moleküle global zu sehen ist. Der Klimawandel schreite voran, wichtige Kipppunkte kämen in Sichtweite. Der Energieverbrauch steige weltweit an, unter anderem durch wachsenden Wohlstand, steigende Rechenleistung für Künstliche Intelligenz sowie Luft- und Raumfahrt. „Daher müssen wir erst recht die Transformation beschleunigen. Und dafür brauchen wir grüne Moleküle als global handelbare Güter. Die deutsche Importstrategie muss unter anderem enthalten: einen Booster für die Nachfrage, die Entwicklung einer Importinfrastruktur sowie Förderung internationaler Versorgung von Wasserstoff und Folgeprodukten.“ Zur Situation in Brasilien als Produzent und Exporteur erneuerbarer Kraftstoffe informierten Luiz Eduardo Fonseca de Carvalho Gonçalves als Vertreter des brasilianischen Botschafters, sowie das Brasilianische Energieforschungsbüro (EPE) in einer eigens eingerichteten Live-Schaltung.

Topic-Tables informierten zu Aktivitäten und Projekten

Im Laufe des weiteren Nachmittags führte dann en2x-Pressesprecher Alexander von Gersdorff durch das „World Café“ des Kongresses, wo an jeweiligen Topic-Tables Partner der Veranstaltung zu ihren Aktivitäten und Projekten informierten und diskutierten, letztlich zur Erweiterung der Netzwerke für weiterführende Gespräche Zum Abschluss gab Dr. Stefan Kaufmann dann noch einen globalen Überblick über die Fortschritte beim Aufbau eines Marktes für grüne Moleküle, ehe Dr. Carsten Rolle, Geschäftsführer beim Weltenergierat Deutschland, in seinem Schlusswort die Ergebnisse des Tages zusammenfasste, um trotz aller aktuellen wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen mit einem Churchill-Zitat optimistisch zu enden: „Never waste a good crisis!“

Bei der Green Fuels Import Conference zeigte sich: Mit der Molekülwende geht es, wenn auch noch zu langsam, voran. Doch die Herausforderungen werden auch in der Politik immer deutlicher erkannt. Wichtig sind jetzt die Überwindung von Investitionshemmnissen, nicht zuletzt durch mehr Verlässlichkeit, Pragmatismus und Marktwirtschaft.
Für den vielseitigen Tag voller spannender Diskussionen und wichtiger Impulse bedankt sich en2x bei allen, die zum Gelingen der zweiten Green Fuels Import Conference beigetragen haben.

Vorträge

Dr. Lutz Schäfer (BMZ): Import grüner Moleküle – Wie fair ist die Welt?
Stuart Neil (ICS): Wie ist die Schifffahrt für den Transport grüner Moleküle vorbereitet?

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