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Green Fuels Import Conference diskutiert globalen Markt für erneuerbare Moleküle
Am 7. November fand die erste Green Fuels Import Conference in Berlin statt – gemeinsam veranstaltet vom Weltenergierat (WEC) Deutschland und en2x. Rund 180 Teilnehmende kamen dazu im Telegraphenamt zusammen.
Deutschland deckt derzeit etwa 70 Prozent seines Energiebedarfs durch Einfuhren. Auch in einem zukünftigen klimaneutralen Energiesystem werden wir hierzulande voraussichtlich weiterhin auf den Import von grünen Molekülen – wie etwa strom- oder biobasierte Feedstocks, Fuels und chemische Grundprodukte aus Partnerländern mit guten klimatischen Bedingungen – angewiesen sein. Denn durch heimischen Wind- und Solarstrom allein lassen sich die Klimaziele hierzulande nicht erreichen. Das wurde in Berlin rasch klar. Heute werden lediglich 20 Prozent unseres Energieverbrauchs von Strom gedeckt, 80 Prozent durch Moleküle.
Dr. Uwe Franke, Präsident, Weltenergierat – Deutschland e.V., machte deutlich, dass das Erreichen der Klimaziele eine globale Aufgabe ist. Klimapolitische und wirtschaftliche Entwicklungsziele lassen sich dabei global durchaus in Übereinstimmung bringen – denn auch den künftigen Erzeugerländern bieten sich neue Perspektiven. Doch wie kann ein globaler Markt für grüne Moleküle in Zukunft gestaltet werden?
Deutschland wird Energieimportland bleiben
Um heute noch fossile Energieträger und Rohstoffe zu ersetzen, bieten sich als klimaschonende Optionen Wasserstoff und dessen Folgeprodukte wie Ammoniak, Methanol oder synthetisches Rohöl an. „Wasserstoff ist das noch fehlende Puzzleteil der Energiewende. Wir wollen Deutschland deshalb zur Wasserstoffrepublik machen. Deutschland wird auch in Zukunft Energieimportland bleiben. Deshalb muss die Nationale Wasserstoffstrategie um eine darauf aufbauende und ressortübergreifende Importstrategie ergänzt werden“, so etwa Till Mansmann MdB, Innovationsbeauftragter „Grüner Wasserstoff“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der das Grußwort zur Veranstaltung sprach und an einer der Podiumsdiskussionen teilnahm.
Aufbau internationaler Energiepartnerschaften wichtiger Grundbaustein
Deutlich wurde auch: Bei den verschiedenen Rohstoffen und Energieträgern wird es eher um ein „Sowohl-als-auch“, nicht um ein „Entweder-oder“ gehen. Wichtig sei, die Einsatzfelder erneuerbaren Stroms und Wasserstoffs konsequent entsprechend ihrer CO2-Einsparpotenziale zu priorisieren. Für den notwendigen Import von Wasserstoff und seiner Folgeprodukte seien jetzt möglichst koordiniert die Infrastrukturen und Anlagen aufzubauen. Dabei werden Hafengebiete, insbesondere zu Beginn, eine wichtige Rolle spielen. Darauf machte Graham Weale, Hon.-Prof. für Energieökonomik und -politik, Ruhr-Universität Bochum, aufmerksam.
Im Verlauf der Konferenz wurde immer wieder deutlich, dass eine gute Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Politik sowie der Aufbau internationaler Energiepartnerschaften wichtige Grundsteine beim Aufbau eines globalen Marktes sind. Dabei seien neben klimatischen, ökonomischen und rechtsstaatlichen Gegebenheiten insbesondere auch langfristige außen-, sicherheits- und entwicklungspolitische Aspekte zu beachten, wie Dr. Holger Klitzing, Leiter Arbeitseinheit Wasserstoffdiplomatie / Geopolitik der Energiewende, Auswärtiges Amt in seinem Impulsvortrag zu „Wasserstoff im Zeichen von Energiewende und Energiesicherheit“ zeigte. Detlev Markus, Leiter Fachbereich 3.5, Physikalisch Technische Bundesanstalt, widmete sich in seinem Beitrag „Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Entwicklungs- und Schwellenländern“ besonders den normativen und technologischen Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstandards als Voraussetzung für international anerkannte und zuverlässige Lieferketten.
Gute Investitionsbedingungen erforderlich
Doch ist Europa überhaupt schon bereit für den Import von E-Fuels? Dieser Frage widmete sich Marcos Marquez, Chief Business Development Officer, HIF EMEA, und benannte noch bestehende große Handelshemmnisse bedingt durch die regulatorischen Unklarheiten und Divergenzen insbesondere in der Anerkennung von „grünem“ bzw. CO2–armen Wasserstoffderivaten. Erfahrungen aus der Praxis bezüglich der „Importe von klimaneutraler flüssiger Energie und Grundstoffen für die Chemie“ sammelt derzeit die P2X-Europe GmbH & Co. KG. Sie wurde in Berlin durch Oleksandr Siromakha, Head of Sustainable Fuels, Mabanaft GmbH & Co. KG, und Detlev Wösten, Geschäftsführer, Hansen & Rosenthal KGaA, CEO P2X-Europe, vertreten, die Einblicke in das noch junge Business gaben. Eine ganzheitliche sektorenübergreifende Absatzstrategie von alternativen Fuels und chemischen Einsatzstoffen sei eine wesentliche Voraussetzung für deren ökonomischen Erfolg infolge der mit der Synthesetechnologie in der Regel verbundenen Kuppelproduktion einer großen Bandbreite von Kohlenwasserstoffen.
Zu den verschiedenen Rahmenbedingungen, die bei der Entwicklung eines globalen Marktes für grüne Moleküle eine wichtige Rolle spielen, gehören auch transparente Zertifizierungen. Welche Anforderungen diesbezüglich für grünen Wasserstoff gelten und nachvollziehbar zu überprüfen wären, erläuterte Friederike Altgelt, Teamleiterin Wasserstoff-Märkte und Regulierung, Deutsche Energie-Agentur.
Speziell die Golfregion, als heutiger Lieferant von fossilen und künftiger Lieferant von erneuerbaren Molekülen, stand am Ende des Tages im Mittelpunkt eines Vortrags, den Dr. Jan Frederik Braun, Head of Hydrogen Cooperation (MENA Region), von Fraunhofer CINES hielt. Er hob speziell die zwischen Europa und den Golfstaaten unterschiedliche Herangehensweise hervor, wenn es um den Aufbau eines globalen Wasserstoffmarktes geht in Verbindung mit der Bedeutung eines Markthochlaufs von blauem und grünem Wasserstoff.
Zum Abschluss der ersten Green Fuels Import Conference fasste Prof. Christian Küchen die Ergebnisse zusammen. Dabei machte auch er klar, dass der künftige hohe Bedarf an erneuerbaren Molekülen häufig noch unterschätzt werde. „Die notwendigen Kapazitäten müssen rasch aufgebaut werden. Derzeit bleiben die erforderlichen finalen Investitionsentscheidungen gerade bei Wasserstoff- und PtX-Projekten zu häufig aus, da sich aus den regulatorischen Vorgaben noch keine stabilen Geschäftsmodelle ableiten lassen.“ Hier müsse die Politik nun dringend handeln.
Hier finden Sie die von den Referenten freigegebenen Vorträge
Energie und Klimaschutz vernetzt und global denken
Prof. Dr. Robert Schlögl, Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung und Vizepräsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts für Chemische Energiekonversion
Molekülwende goes Global - Warum wir eine importorientierte Wasserstoffstrategie brauchen
Graham Weale, Hon.-Prof. für Energieökonomik und-politik, Ruhr-Universität Bochum
Vortrag als Download
Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft in Entwicklungs- und Schwellenländern
Detlev Markus, Leiter Fachbereich 3.5, Physikalisch Technische Bundesanstalt
Importe von Klimaneutraler Flüssiger Energie und Grundstoffen für die Chemieindustrie - Synergien und Hindernisse
P2X-Europe GmbH & Co. KG vertreten durch:
Oleksandr Siromakha, Head of Sustainable Fuels, Mabanaft GmbH & Co. KG
Detlev Wösten, Geschäftsführer, Hansen & Rosenthal KGaA, CEO der P2X-Europe
Zertifizierung von grünem Wasserstoff: Welche Anforderungen gelten für importierte strombasierte Energieträger?
Friederike Altgelt, Teamleiterin Wasserstoff-Märkte und Regulierung, Deutsche Energie-Agentur GmbH